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Nachhaltigkeit bei der Geldanlage: ESG – Sustainable Finance ein Must oder ein Kann?

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„Nachhaltigkeit bei der Geldanlage“ ist ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Zahl der Fragen und Nachfragen zu nachhaltigen Geldanlagen steigen an – und dies auch bereits seit langer Zeit.

Grundsätzlich gibt es sehr viele Aspekte, die zu betrachten sind – und so sind die Fragen und Einschätzungen dazu auch recht unterschiedlich. Da gibt es z.B. Katja, Mitte vierzig und Mutter eines Grundschulkindes, die unsicher ist und sagt: „… am liebsten wäre mir eine saubere Anlageform – Ich habe ja den dringenden Verdacht, dass fast alle ETF’s unethisch und bestenfalls auf dem Weg zur Nachhaltigkeit sind …“

Ein kurzes Statement, dass trotzdem einen sehr großen und vielfältigen Themenkreis mit unterschiedlichen Aspekten aufwirft.  Also – sauber, ethisch und nachhaltig – ist das denn alles eines?

Wofür steht eigentlich der Begriff „Nachhaltigkeit“ genau?

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt im Deutschen ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts stellte man fest, dass den Betreibern von Minen vor allem bei dem Abbau von Silber, insbesondere in Sachsen, das Holz ausging. Holz wurde nämlich in sehr großen Mengen benötigt, um Stollen und Schächte abzustützen -und dann auch vor allem, um die Schmelzöfen für das Erz zu befeuern.  In der näheren Umgebung der Silberminen waren die Wälder dann bald abgeholzt. Das stellte dann die Bergbauunternehmen, aber auch die heimische Forstwirtschaft vor große Probleme.  Zunehmend drohten dann auch noch weitere Folgen, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit und dadurch eine Verelendung der einheimischen Bevölkerung. So wurden Lösungen gesucht.  Da hat ein Abgesandter des kursächsischen Hofs, der Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz ein Umdenken in der Forstwirtschaft empfohlen.

 

Ja  und dieses Umdenken, scheint auf eine gewisse Weise auch in der heutigen Zeit wieder vermehrt stattzufinden. „Ein neuer wirtschaftlicher Ansatz müsse gefunden werden“ – so wird Herr von Carlowitz zitiert. Also, hoch aktuell. Dabei ist sein entsprechendes literarisches Werk „Sylvicultura oeconomica“ von 1713.

In seinem Buch hat er erstmalig die Ansätze nachhaltigen Wirtschaftens zusammengefasst: „Es sollen nur so viele Bäume gefällt werden, wie durch planmäßiges Aufforsten nachwachsen können.“ Und dieser Ansatz des Oberberghauptmannes aus Sachsen hat sich dann weltweit als Muster für eine ökologisch verantwortliche Forstwirtschaft verbreitet und durchgesetzt.

In anderen Branchen hat die Notwendigkeit eines Umdenkens dann noch lange gedauert. Es war dann erst 1987 – also 274 Jahre später, als die norwegische Politikerin Gro Harlem Brundtland bei den Vereinten Nationen, also der UN, den Vorsitz einer Kommission für Umwelt und Entwicklung hatte – die in Deutschland inzwischen einfach als „die Brundtland- Kommission“ bezeichnet wird. Sie veröffentlichte das allererste, weit gefasste, politische Konzept für nachhaltige Entwicklung im April 1987 unter dem Titel „Our Common Future“ und gab damit den Impuls für den Erdgipfel Rio 1982, sowie für das entwicklungs- und umweltpolitische Aktionsprogramm Agenda 21.

 

Dieser Abschlussbericht wird doch auch einfach „Brundtland-Bericht“ genannt. Darin geht es um eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der jetzigen Generation dient, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

Der nächste Meilenstein war dann 2004 – da wurde erstmals ein Friedensnobelpreis durch die schwedische Nobelkommission an eine Umweltschützerin verliehen – nämlich an die Kenianerin Wangari Muta Maathai, die bereits 1977 das Aufforstungsprojekt „Green Belt Movements“ (Grün-Gürtel-Bewegung) ins Leben rief.

Nicht nur in Kenia wurden Millionen von Bäumen gepflanzt zum Schutz vor Erosion: „Wenn wir Bäume pflanzen, dann pflanzen wir die Keimlinge von Frieden und Hoffnung“ – so wird Frau Professor Matthai zitiert. In Afrika wird sie auch „Mama Miti“ genannt – das ist Kisuaheli für „Mutter der Bäume“!

Nach zwei Frauen geht es weiter mit zwei Männern, die ebenfalls den Friedensnobelpreis erhielten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit: Das war zunächst 2006 – der bengalische Wirtschaftswissenschaftler Mohammed Yunos, der Gründer der Grameen Bank und damit einer der Mitbegründer des Mikrofinanz-Gedankens – und dann 2007 Al Gore, ehemaliger Vizepräsident der USA unter Bill Clinton, der den Friedensnobelpreis für sein Engagement um den Klimaschutz erhielt.

2007 wurde auch der Weltzukunftsrat, also der „World Future Council“ von Jakob von Uexküll in Hamburg gegründet. Unter dem Motto „Zeit für die Zukunft“ trafen sich 2007 rund 150 Führungs-Frauen aus allen Bereichen der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens in Hamburg. Dabei standen Themen wie „Globale Werte, Klimawandel, Mikrofinanz und Diversität“ nebeneinander im Raum. Die Brücke zum Oberbegriff „Nachhaltigkeit“ war noch nicht so klar umrissen. Das kam dann erst 2011 mit den Kürzeln „E S G“.

Die Stadt Hamburg hatte – als zweite Stadt in Europa – nach Stockholm – die EU-Auszeichnung „Green Capital“ erhalten. Mit dieser Auszeichnung, die auch heute noch vergeben wird und mit einem attraktiven Preisgeld versehen ist, will die Europäische Kommission die Städte anspornen, „grüner und sauberer“ zu werden – d.h. vor allem die Lebensqualität für die Stadtbewohnerinnen und -bewohner zu verbessern. Denn ein Drittel der europäischen Bevölkerung lebt in Städten. Deshalb ist für die EU klar, dass den Städten eine zentrale Rolle beim Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zukommt. Dieser Übergang der EU wird als „Grüner Deal“ (green deal) bezeichnet und mit erheblichen Geldmitteln auf EU Ebene ausgestattet.

Was bedeutet eigentlich ESG?

Betrachtet man die Nachhaltigkeit in einem Unternehmen oder in der Wirtschaft, dann geschieht dies seit 2011 etwa anhand von drei zentralen Faktoren, die bekannt sind als die „ESG-Kriterien“. Dabei steht das E als Abkürzung für Environment – also ökologische Aspekte, das S für Social – was im Deutschen oft mit „soziale Aspekte“ übersetzt wird, im Englischen aber auch das noch breitere Feld von „gesellschaftlichen Aspekten“ umfasst, sowie das G für Governance. Hierunter fallen z.B. Themen wir transparente Unternehmensführung oder keine Korruption und keine Bestechung.

Bei nachhaltigen Geldanlagen muss der ESG-Ansatz verbindlich in den Anlagebedingungen und Verkaufsprospekten ausgewiesen werden, d.h. wie dieser in den Anlagestrategien und Investmentprozessen zum Tragen kommt. Dabei werden verschiedene Anlageprozesse unterschieden. Am bekanntesten sind die sogenannten „Ausschlusskriterien“. Dabei werden bestimmte Investments systematisch ausgeschlossen – wenn ein Unternehmen, eine Branche oder ein Land gegen das entsprechende Kriterium verstößt.

 

Im Bereich „E“ – also Ausschlusskriterien Umwelt – wären das z.B. Aspekte wie Fossile Brennstoffe, Grüne Gentechnik, Chlor- und Agrochemie … und im Bereich „S“ – der Ausschluss von Menschenrechtsverletzung, Arbeitsrechte, Waffen/Rüstungsgüter – wobei dies jetzt nur exemplarisch ist und im Bereich „G“ dann z.B. Korruption und Bestechung oder Steuerverstöße.

Kernenergie auch nachhaltig – wie geht das denn?

Niemand muss in Kernenergie investieren. Das ist ebenfalls ein Ausschluss-Kriterium im Bereich „E“ – und es wird in Deutschland sehr oft ausgewählt. Innerhalb der EU besteht darüber allerdings keine Einigkeit – weshalb es ein großer Streitpunkt bei der neuen EU-Richtlinie ist. Dazu später mehr. Wichtig an dieser Stelle allerdings: Egal, was auf EU-Ebene dazu festgelegt wird – im persönlichen Anlagedepot kann jede und jeder für sich selbst entscheiden, dass eine Investition in Kernenergie ausgeschlossen sein soll.

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