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Inflation bei Verbraucherpreisen versus Inflation bei den Vermögenspreisen – und: was bedeutet das nun für die Finanzplanung?

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Nicole ist 34 Jahre alt und sagt angesichts des Inflationsgeschehen: „Also, ich habe mein Depot angeschaut – und da hat der Fonds mit dem „defensiv“ im Fondsnamen tatsächlich genauso viel verloren, wie der mit mehr Risiko, also der mit den Aktien – da steht in den Unterlagen eine 6 – und bei dem anderen eine 4. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Tatsächlich benötige ich das Geld nicht, weil ich genug Rücklagen habe. Was meint Ihr mit ‚langfristige Aktieninvestmentstrategie?‘ – aber vor allem auch: Was mache ich denn jetzt? – Die Inflation macht mir Sorgen.“

Das sind Fragen, die sich viele stellen und auf die wir in den letzten Blogbeiträgen (weiterführende Links am Ende des Beitrags) schon eingegangen sind und die wir mit diesem Blogbeitrag mit dem Fokus Inflation weiter vertiefen möchten.

„Damals“ – also Anfang des Jahres 2022 – kannten wir vor allem die Vermögenspreisinflation der vergangenen Jahre und nun sprechen wir ja eigentlich über eine Verbraucherpreisinflation. Warum? Wenn generell über Inflation gesprochen wird, dann bezieht sich das fast immer auf die Verbraucherpreise. Seit dem Jahr 2014 sind die Verbraucherpreise um durchschnittlich zwei Prozent jährlich angestiegen. Am meisten dabei seit Mitte 2021. Wenn wir das mal rausnehmen, dann lag die Preissteigerung sogar nur bei rund einem Prozent. Von Inflation, also Kaufkraftteuerung hat man in den letzten Jahren an der Supermarktkasse sehr wenig gemerkt – ganz im Gegensatz zu heute.

Dagegen ist mit „Vermögenspreisinflation“ der Anstieg der Preise in den letzten 8 Jahren gemeint, der festzustellen war, wenn es um Sachwerte ging. Die werden bei der Berechnung des Verbraucherpreisindexes nämlich nicht berücksichtigt. Zu den Sachgütern zählen z.B. Immobilien, Betriebsgüter, Aktien – also Vermögenswerte. Und bei solchen Vermögenswerten lag die durchschnittliche jährliche Preissteigerung bei sechs Prozent pro Jahr – auch wieder betrachtet seit 2014.

Bei unseren Beratungen war und ist dies ja immer Thema – und zwar dann, wenn es um Kapitalanlagen geht. Am stärksten war der Preisanstieg bei den Immobilien. Innerhalb dieses eigentlich relativ kurzen Zeitraums von acht Jahren sind deutsche Immobilien im Durchschnitt um 79% im Preis angestiegen. Bei Aktien waren es „nur“ 32%.

 

2022: das schlechteste Jahr für die Wertentwicklung von Anleihen und zugleich auch das schlechteste Jahr für Aktien

Das Jahr 2022 geht in die Geschichte ein, als das bis dato absolut schlechteste Jahr für die Wertentwicklung von – einerseits festverzinslichen Anlagen – die ja auch Anleihen oder Rentenpapiere genannt und als risikoarm eingestuft werden.

Andererseits war es zugleich auch das schlechteste Jahr für Aktien – und das seit vielen, vielen Jahrzehnten. Also ist es nachvollziehbar, dass sich Nicole Sorgen macht – wie so viele Anlegerinnen und Anleger auch. Zumal der Blick in die nähere Zukunft, also in das kommende Jahr 2023, durch eine hohe Unsicherheit in der Welt geprägt ist. Es bleibt vieles unklar. Ein Blick in die Geschichte der Kapitalmärkte zeigt uns jedoch, dass auf jeden angeschlagenen Markt, also auf jede Verlustphase, auch wieder konstruktive Marktphasen folgten. Die Preise an den Kapitalmärkten sind aktuell historisch niedrig. Und für alle, die langfristig ein Vermögen aufbauen wollen, bedeutet dies eine sehr große Chance sehr günstig einkaufen zu können. Selbst wenn es dann erneut weiter nach unten geht ist das eine Chance noch günstiger nachzukaufen. Denn niemand kann vorhersagen, wann genau der sog. „Boden“, also das Tief an den Kapitalmärkten erreicht ist.

 

Bei fallenden Kursen an den Börsen investiert bleiben – und dann sogar noch zusätzlich investieren?

So pauschal lässt sich das nicht sagen. Zunächst würde ich an Nicoles Stelle schauen, dass die Rücklagen, die sie für Unerwartetes bereits hat, auch bei steigenden Preisen voraussichtlich ausreichend sein werden. Nun wissen wir nicht genau, in welcher beruflichen Situation sich Nicole befindet – aber ich vermute mal, dass sie ein regelmäßiges monatliches Einkommen hat und wahrscheinlich angestellt ist. Die Faustregel hier lautet dann, 1-3 Monatsnettogehälter zur Verfügung zu haben – also so, dass sie jederzeit im schnellen Zugriff sind – d.h. vor allem ohne Risiko und ohne Schwankungen an den Kapitalmärkten riskieren zu müssen – also der Betrag einfach verwahrt wird.

 

Notfallpuffer – wie anlegen? Tagesgeld – oder Festgeld?

Also die Zinsen sind nach wie vor marginal und nicht wirklich der Rede wert. Gute Angebote bieten zurzeit für Tagesgeld etwa 1 Prozent pro Jahr und für Festgeld für 12 Monate so um die 2,7 Prozent. Das hört sich erst einmal gut an – vor allem, wenn man bedenkt, dass in den ersten Monaten des Jahres 2022 die negativen Zinsen in aller Munde waren. Das ist noch nicht lange her – und so unvorstellbar, dass „damals“ – also im Frühjahr 2022 zum Teil 0,5 Prozent bezahlt werden musste, um Geld zu parken, also ohne Schwankung auf einem Tagesgeldkonto zu lagern. Aber bei einer Inflation von aktuell 10 Prozent wäre ein Festgeld mit 2,7 Prozent auch nicht so viel. Deshalb lautet die Antwort: eher Tagesgeld. Denn Festgeld bedeutet ja, dass der Betrag für eine bestimmte Zeit – und sei es nur 3 Monate – in unserem Beispiel 12 Monate – festgelegt ist. Früher kommt man nur schwer oder gar nicht an sein Geld bzw. muss gegebenenfalls Strafe zahlen. Jedenfalls kann das bei einem unvorhergesehenen Ereignis zu lange sein. Vor allem für den kompletten Betrag, den Nicole als Rücklage definiert hat. Sie müsste also etwas näher hinschauen und sich überlegen, was auf sie zukommen könnte an Ausgaben in der näheren Zukunft.

Also, wenn z.B. die Waschmaschine bereits etwas älter ist, dann würde die Anschaffung eines neuen Gerätes, für den Falle der Fälle, dass die aktuelle den Geist aufgibt, als Zahl mit auf die Liste gehören – oder ihr Notebook, falls es älter ist und vielleicht demnächst Ersatz ansteht oder wenn sie gerade dabei ist, ihre Steuererklärung einzureichen und eine Nachzahlung befürchtet – oder, erfreulicher, wenn sie eine besondere Urlaubsreise plant für das kommende Jahr und die noch nicht gebucht haben sollte – all das gehört auf ihre Liste, die im Grunde sehr individuell und persönlich auszugestalten ist.

Auf jeden Fall gilt: Überlegen. Und immer mal wieder anpassen, denn diese Planung ist ja nichts Statisches. Also für diese eigentliche Reserve eignet sich in der Regel eher ein Tagesgeld, weil täglich verfügbar – wie der Begriff auch sagt. Das ist zum einen abhängig von Nicoles individueller Situation und zum anderen aber auch davon, wieviel Sicherheit sie aus einer solchen Flexibilität zieht. Wenn sie eine höhere finanzielle Flexibilität für ihre innere Sicherheit benötigt, dann könnte es sich vielleicht sogar um mehr als 1-3 Monatsnettogehälter handeln.

 

Reserveanlagenentscheidung: eher Gefühl als harte Fakten?

Die Fakten – also die Überlegung, was kostentechnisch auf Nicole zukommen könnte, muss sie „zusammentragen“. Da aber niemand weiß, was genau die Zukunft bringt – so sehr wir dies auch wünschen – wird das eine „faktenbasierte Schätzung“. Und dann kommt das Gefühl mit ins Kalkül – denn es geht nun auch darum, womit sich Nicole zunächst aufgehoben und sicher fühlt. Dabei ist die Verfügbarkeit, d.h. Flexibilität, wie schnell sie über ihr Geld ohne Verluste wieder verfügen kann, ein wichtiger Baustein.

 

Festgeld – grundsätzlich eine schlechte Wahl?

Das kann man so nicht sagen. Wenn jemand z.B. in einem Jahr – also zu einem bestimmten, relativ klar definierten Zeitpunkt in der näheren Zukunft – einen bestimmten Betrag zur Verfügung haben muss, z.B. um ein neues Auto zu bezahlen oder einen dann fälligen Kredit zurückzubezahlen, dann wäre ein Festgeld zu prüfen. Die Laufzeit muss zu dem Zeitpunkt passen, an dem das Geld dann zur Verfügung stehen muss. Also, wenn der Kredit in 13 Monaten fällig wäre, dann kann das Festgeld maximal 12 Monate laufen. Typische Laufzeiten sind 6 Monate, 12 Monate, 24 Monate oder auch 36 Monate. Eine vorzeitige Kündigung wäre dann üblicherweise mit einem Nachteil belegt. Da lohnt sich gegebenenfalls ein Blick in das Kleingedruckte des Angebots: Gibt es eine Art Strafzahlung oder Verlust der Zinsen – oder wie sind da die Konditionen. Deshalb genau planen. Und – damit ist klar: Wenn es um die kurzfristige Reserve für Unvorhergesehenes geht, ist ein Festgeld nicht geeignet – aber auch NICHT bei langfristigem Vermögensaufbau. Ausgangssituation aktuell: knapp 3% Zinsen bei Festgeld über 12 Monate und zugleich aktuell eine Verbraucherpreisinflation von 10%. Selbst in einem Jahr lässt sich also mit einem Festgeld die Kaufkraft nicht erhalten.

 

Inflation – ein anhaltender Trend?

Das kann niemand wirklich sagen. Es gibt Annahmen und Schätzungen, die sich aus dem ableiten, was wir im Moment z.B. über Trends und Entwicklungen wissen. Dazu wäre viel zu sagen – um es hier kurz zu machen: Auch wenn ein Teil der Inflation (verursacht z.B. durch die Logistikprobleme in der Welt oder gestiegene Energiekosten) wieder sinkt – so wird sie noch lange über den Zinsen liegen. Trotzdem gibt es aber für kurzfristige Rücklagen keinen anderen Weg als Tages- oder Festgeld. Denn nominal bekommt man zurück, was eingezahlt wird – der Anlagebetrag schwankt also nicht.  1.000 Euro eingezahlt bedeutet 1.000 Euro wieder ausbezahlt und das ist für eine kurzfristige Rücklage enorm wichtig. Aber eben nicht für den langfristigen Vermögensaufbau. Hier hilft eine langfristige Aktieninvestmentstrategie.

 

Langfristige Aktieninvestmentstrategie

Aktien gehören zu den sog. Sachwerten. Mit einer Aktie beteiligen sich Anlegerinnen und Anleger an dem Gewinn und Wachstum von Unternehmen. Wichtig dabei ist natürlich, dass es sich um gute und solide Unternehmen handelt. Unternehmen, die auch in Krisenzeiten weiter bestehen können, weil sie etwas produzieren, was immer benötigt wird, z.B. für das tägliche Leben. Unternehmen, die keine hohen Schulden aufweisen und vor allem auch über ausreichend Liquidität verfügen, um eventuelle schwierige Phasen – insbesondere unvorhersehbare – zu meistern. Denn die „inflationieren“ dann mit. Aktien sind auch in den vergangenen 8 Jahren nicht so stark im Preis gestiegen, wie Immobilien. Mittlerweile sind die Aktien von guten und soliden Unternehmen sogar verhältnismäßig günstig zu haben – was natürlich nicht bedeutet, dass die Kurse nicht noch weiter sinken könnten – aber im langfristigen Durchschnitt haben sich Aktien stets sehr positiv entwickelt.

Wenn wir uns einmal den ältesten Aktienindex der Welt anschauen – das ist der S&P 500 – den es bereits seit 1928 gibt, dann hätte Nicole in dem Zeitraum von 2002 bis 2021 im Durchschnitt pro Jahr einen Ertrag von 9,5% jährlich erzielt. Und, wenn man einen noch längeren Zeitraum betrachtet – also z.B. über 80 Jahre, dann wären es sogar 12 Prozent pro Jahr gewesen. Gerechnet in USD – diese Angaben basieren auf Zahlen der Firma Dimensional.

Die Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Garantie für die Zukunft. Die Zukunft ist und bleibt ungewiss. Und grundsätzlich betrachten wir hier alles sehr vereinfacht. Ziel ist es, zunächst einen ersten großen Überblick zu geben und damit eine Orientierung, um einzuordnen, an welcher Stelle welches Thema zu betrachten ist.

Auch hier gilt der Hinweis – wie für alle übrigen Blogbeiträge – dass es sich NICHT um eine Anlageberatung im gesetzlichen Sinne handelt, sondern um eine allgemeine Darstellung der Zusammenhänge und Sachverhalte – so dass sich die Lesenden eine eigene Meinung bilden können und sollen – um dann eine individuelle Entscheidung treffen zu können. Bei Bedarf wäre sonst eine individuelle Anlageberatung aufzusuchen.

 

Weiterführende Links:
Fonds in stürmischen Zeiten – Anlageklassen, ein unbemerkter Crash im Anleihemarkt und steigende Zinsen

Stagflation: Was ist das eigentlich und wie damit umgehen?